Meine aktuelle Meinung zum Ukrainekrieg

Zur Vorbereitung des Interviews mit Herrn Likus zur Ukrainekrise:

(was ich ihm schickte)

Zur Person: Dr. med. Helmut Käss

Ich bin am 28.4.1946 geboren, kurz nach dem zweiten Weltkrieg, ich bin Allgemeinarzt und seit 1983 Mitglied der IPPNW (ippnw.org und ippnw.de), danach nach dem Jugoslawienkrieg im deshalb von mir mitgegründeten Friedensbündnis und seit etwa 10 Jahren im Friedenszentrum. Seit 2009 bin ich berentet und kann mich meinem „Hobby“ widmen, dem Versuch, dazu beizutragen, dass „die Menschheitsfamilie“ mit ihren Kriegen aufhört. Und dass sie sozialer wird, deshalb bin ich ein „Spätlinker“. (Im Gegensatz zu den „Frühlinken“ und „Spätrechten“, wie Verschiedene in der Politik) Umwelttechnisch war ich vor meiner Friedensorientierung BUND-Mitglied, wobei ich den Braunschweiger Bund für Umwelt und Naturschutz etwa 1980 mitgründete. Dabei beschäftige ich mich übrigens seit 1976 auch mit erneuerbaren Energien.

Zur allgemeinen Friedensposition: Von den drei Seiten des IPPNW- oder auch Lown-„Dreiecks“ (1), das Frieden, Umwelt und Soziales als die zentralen menschlichen Bedürfnisse beschrieb, halte ich den Frieden für das Wichtigste. Willy Brandt sagte ja „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“. Das gilt jetzt endgültig, seit der Existenz von Atomwaffen, die zu dem kurzen Manifest von Russell und Einstein 1955 (2) führten: Albert Einstein sagte richtig, dass wir keine Kriege mehr führen dürfen, weil jeder Krieg bei Eskalation zur Vernichtung der gesamten Menschheit führen kann.

Zur akuten Ukrainekrise: Jetzt wissen wir eindeutig, und auch schriftlich belegt, dass die USA und die weiteren Natoländer Frankreich, England und Deutschland Gorbatschow für die Deutsche Einheit beim 2+4 Vertrag mehrfach versprochen hatten, dass die Nato sich nicht nach Osten ausdehnen würde. (3)  Putin hat dies wieder und wieder angesprochen. Und er fühlte sich sicher beleidigt, als Obama sagte, er stelle nur eine Regionalmacht dar. Wirtschaftlich ist er eine Regionalmacht, aber er hat genauso viele Atomwaffen wie die USA und er hat damit die Möglichkeit für „MAD“, mutual assured destruction. Diese Bemerkung war dumm. Und dumm ist es auch, dass die USA auf Atomwaffen setzen. Konventionell sind sie viel stärker als alle anderen Länder. Aber die Atomwaffen machen die Kleinen „stark“, wie man z.B. an Nord-Korea sieht. Und alles Militär ist eigentlich obsolet und furchtbare Geldverschwendung, siehe das Manifest, das für mich eine zentrale und noch viel zu wenig gewürdigte Aussage der Menschheit ist.

Wir müssen in dieser schweren Krise, die für mich das Wesen einer neuen Kubakrise hat, den Charakter der entscheidenden Personen intensiv studieren und darauf eingehen. Denn wir sahen bei der Kubakrise, als die Sowjetunion die USA bedrohte, so wie diese z.B. von der Türkei aus die Sowjetunion, dass die Menschheit knapp vor einem Nuklearkrieg und damit der endgültigen Vernichtung stand. Wir sehen das Gleiche jetzt, wo die Nato den Russen zu sehr auf die Grenzen rückt.

Und natürlich haben die USA und die Nato mit ihrem völkerrechtswidrigen Jugoslawienkrieg den Russen bewiesen, dass sie das Völkerrecht nicht mehr ernst nehmen und die Nato von einem Verteidigungsbündnis zu einem Angriffsbündnis umgeformt haben. Seitdem haben die USA viele völkerrechtswidrige Kriege geführt, im Irak nach dem zweiten Irakkrieg mit über 1 Millionen Opfern (4). Wobei die brutalen Sanktionen nach dem ersten Irakkrieg 500.000 Kinder verhungern ließen.  Frau Albright sagte, „das war es wert“…

Diese furchtbare Doppelmoral ist nach meiner Meinung daran schuld, dass Putin jetzt diesen Krieg führt, obwohl Russland versprochen hatte, die Grenzen der Ukraine zu achten. Und obwohl die Ukraine 15 Atomreaktoren hat, die bei einem Krieg den GAU provozieren könnten. Aber die Ukraine war seine „rote Linie“, nachdem er den Beitritt der vielen osteuropäischen Länder bis dahin toleriert hatte. Denn  er hat kaum noch einen Pufferstaat und die USA und die Nato haben Marschflugkörper und Abwehrraketen an seinen Grenzen errichtet und in den USA wird sicher diskutiert, wie schon öfters, ob ein „Enthauptungsschlag“ angemessen sei… Was aber schlichter Wahnsinn wäre, denn Russland hat einerseits fixierte Raketen, die man vielleicht vor dem Start vernichten kann, aber andererseits lastwagengestützte Waffen und Unterseeboote und sicher noch ein paar Mord- und im Endeffekt Selbstmordwaffen, die einen „Enthauptungsschlag“ sicher überstehen würden.

Deshalb empfiehlt Prof. Ulrich Gottstein (Anlage), der 95-Jährige Ehrenpräsident der IPPNW, dem Präsidenten Selenskyi die Kapitulation und danach lange Verhandlungen mit der Unterstützung der Staatengemeinde. Dazu fällt mir ein, dass Gorbatschow und Putin vom gemeinsamen Haus Europa sprachen, wo die Ukraine als Lehre aus dem Krieg eine von beiden Seiten bevorzugte Brückenfunktion mit seiner halb östlich und andererseits halb westlich orientierten Bevölkerung übernehmen könnte.

Indien, Algerien, viele afrikanische Staaten und das Ende des Warschauer Pakts haben bewiesen, dass man Länder nicht auf die Dauer besetzen kann. In Afghanistan wurden von einer armen, etwa gleichgroßen Bevölkerung wie die Ukraine die größte Militärmacht der Welt in einem 20 jährigen Partisanenkrieg hinausgeworfen. Besser und erfolgreicher als Partisanenkrieg ist natürlich gewaltfreie Konfliktbearbeitung als sinnvolles Mittel gegen Besatzung. Dieses ab den siebziger Jahren vielfach erforschte zivile Mittel, das wesentlich weniger Opfer und keine Zerstörung ganzer Städte zur Folge hat, sollte unbedingt stärker in den Medien bekanntgemacht werden. Literatur dazu: Mahatma Gandhi, M.L. King, Theodor Ebert, George Lakey (5)

  1.  https://helmutkaess.de/wp-content/uploads/2021/02/IPPNW_triangle-1-scaled.gif
  2. https://www.pugwash.de/rem.pdf 
  3.   https://helmutkaess.de/zusage-zur-nato-osterweiterung/
  4. https://shop.ippnw.de/produkt/report-body-count-opferzahlen-nach-10-jahren-krieg-gegen-den-terror
  5. https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/gewaltfreiheit-eine-alternative

 

Über admin

Hausarzt, i.R., seit 1976 im der Umweltorganisation BUND, schon lange in der Umweltwerkstatt, seit 1983 in der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW (www.ippnw.de und ippnw.org), seit 1995 im Friedenszentrum, seit 2000 in der Dachorganisation Friedensbündnis Braunschweig, und ich bin seit etwa 15 Jahren in der Linkspartei// Family doctor, retired, since 1976 in the environmental organization BUND, for a long time in the environmental workshop, since 1983 in the medical peace organization IPPNW (www.ippnw.de and ippnw.org), since 1995 in the peace center, since 2000 in the umbrella organization Friedensbündnis Braunschweig, and I am since about 15 years in the Left Party//
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