Superimperialistische Globalisierung
Die Globalisierung verlief mehr oder weniger parallel zur Entstehung des Kapitalismus, denn der Globalismus ist im Kapitalverhältnis angelegt. Auf den ersten Blick erscheint jedoch die Globalisierung als eine neue Erscheinung, seit die grenzüberschreitende Bewegung des Kapitals mit den durch den Nationalstaat hervorgerufenen Schranken kollidiert. Die umfassende, strukturell sich entfaltende Globalisierung beginnt tatsächlich bereits in den Nachkriegsjahren, also im nationalistisch-imperialistischen Zeitalter im Rahmen der Keynesianischen Kapitalakkumulation und unter ganz neuen Rahmenbedingungen: sozial abgesicherte Arbeitsmärkte, beinahe Vollbeschäftigung, steigende Löhnen, geregelte Kapitalmärkte, niedrige Staatsverschuldung, hohe Spitzensteuersätze, prosperierender Sozialstaat und starke Gewerkschaften.
Doch seit Mitte der 1970er Jahre stieß das Keynesianische Modell des auf Kredit finanzierten Wachstums an seine ökologischen Schranken. Seitdem findet die Globalisierung unter jenen neuen Bedingungen statt, die zusammengenommen Merkmale eines Systemwechsels innerhalb des Kapitalismus darstellen: den Wechsel vom Keynesianischen zum finanzgetriebenen Kapitalismus.
Die Merkmale des neuen Systems, die seit Mitte der 1970er Jahren in allen kapitalistischen Staaten mit unterschiedlicher Tendenz empirisch nachgewiesen werden können und die man als das sozio-ökonomische Fundament des neuen finanzmarktkapitalistischen Systems bezeichnen kann, sind: eine bis dato nicht gekannte Einkommensungleichheit, rasant steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Löhne, sinkende Binnenkaufkraft und dramatisch geschwächte Gewerkschaften. Seitdem stieg vor allem auch das globale Handelsvolumen des Finanzsektors von 5 auf 160 Prozent des globalen BIPs.
Die Aufblähung des Finanzsektors resultierte aus der Umleitung überschüssiger und aufgrund sinkender Löhne und Binnenkaufkraft hervorgerufener Gewinne in den Finanzsektor — ein Vorgang, der bis heute andauert und zur treibenden Kraft des Finanzmarktkapitalismus geworden ist. Fortan dominierte der Finanzsektor die Realwirtschaft (1). Agenturen des neuen durch das Finanzkapital dominierten Systems sind mächtige Vermögensverwalter oder Finanzkonzerne, die — wie vor allem der Black Rock — in den letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden geschossen sind (2).
Der Kapitalismus ist seiner inneren Logik nach ein gleichgewichtiges System. Dafür sorgen die ihm immanenten Krisen. Die These von der strukturellen Überproduktion/Überakkumulation von Lenin und Rosa Luxemburg, die auch heute das Gros der orthodoxen Linken vertritt, ist meines Erachtens ein großes und folgenreiches Missverständnis. Unter den Bedingungen von Vollbeschäftigung und annähernd gleichen Machtverhältnissen auf dem Arbeitsmarkt entsteht in der Regel keine dauerhafte Überproduktion. Jene real existierende Überproduktion ist in Wirklichkeit das Resultat asymmetrischer Machtverhältnisse und der Verschiebung der Kräfteverhältnisse zugunsten des Kapitals, die in der Regel unter den Bedingungen der Massenarbeitslosigkeit entstehen.
In der Tat verdankt der gegenwärtig dominierende Finanzmarktkapitalismus seine Entstehung der neuen Massenarbeitslosigkeit in den letzten Dekaden und den damit einhergehenden veränderten Kräfteverhältnissen zu Lasten des Faktors Arbeit.
Das Koordinatensystem des Kapitalismus verschiebt sich im neuen System von der Ebene der Kapitalakkumulation und des Wachstums durch Produktivitätssteigerung auf die Ebene der Reichtumssteigerung durch Umverteilung von unten nach oben (3).
Die seitdem dominierende neoliberale Wirtschaftspolitik mit sinkenden Steuern für Unternehmer und Immobilieneigentümer, Sozialabbau, steigende Staatsverschuldung et cetera verdrängt vollends das Keynesianische System.
Im globalisierten Finanzmarktkapitalismus überlagert die Renditesteigerung im unproduktiven Finanzsektor die Profitmaximierung. Ebenso überlagert die Reichtumssteigerung durch leistungslose Einkommen und Umverteilung von unten nach oben das originär kapitalistische Ziel von Wertschöpfung durch Produktivitätssteigerung. Sinkende Massenkaufkraft, sinkende private und öffentliche Investitionsraten, Privatisierung öffentlicher Güter, Entstehung von Finanzblasen und Finanzkrisen sind symptomatisch für dieses Kapitalismusmodell. Die großen IT- und Telekommunikationskonzerne eignen sich dank ihrer Monopolstellung einen beträchtlichen Teil der globalen Kaufkraft an und vertiefen so zusätzlich die globale Einkommensungleichheit. So gesehen wirken Vermögensverwalter wie Black Rock als global agierende Transmissionsriemen finanzkapitalistischer Reichtums- und Machtkonzentration mit den USA als ihrer Schaltzentrale.
Die Entstehung und Entkoppelung des spekulativen Finanzsektors von der Realwirtschaft ist eine Folge der Verschiebung der Machtverhältnisse. Den Eliten ist es gelungen, die Mechanismen der Vermögenskonzentration und Einkommensungleichheit in diversen Verträgen und Abkommen, in der EU beispielsweise im Maastrichter Vertrag, im Vertrag von Lissabon und in den nationalen Verfassungen — Beispiel Schuldenbremse — zu verankern (4). Umverteilung von unten nach oben ist der Hauptgrund für die prekären Lebensverhältnisse der überwältigenden Mehrheit der Menschen und zugleich auch für die Entwicklung nationalistischer und rechtspopulistischer Strömungen und Parteien.
Der Finanzmarktkapitalismus ist der Hauptgrund für die zunehmende Vertiefung der weltweiten sozialen Spaltung: zwischen Lohnarbeit und Kapital, zwischen der Allianz der Konzerne, den Immobilieneigentümern, Vermögensverwaltern auf der einen Seite und den abhängig Beschäftigten sowie einem Teil des Mittelstandes auf der anderen Seite; zwischen den reichen Staaten innerhalb der EU und den ost- und südeuropäischen EU-Staaten; und schließlich auch zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden. Die neoliberale Konterrevolution fand ziemlich genau im historischen Kontext dieser Verschiebung der globalen Kräfteverhältnisse statt.
Im Kern ist der Neoliberalismus eine Strategie der Vermögenskonzentration in der Hand einer Minderheit globaler Eliten.
Noch nie in der Geschichte des Kapitalismus haben die Machtmechanismen — im Gegensatz zur neoliberalen Propaganda — die Märkte und Marktmechanismen so stark geformt wie im gegenwärtigen Globalisierungsprozess.
Verteilungs- und Umverteilungsmechanismen und vor allem sinkende Löhne und sinkende Binnenkaufkraft bestimmen immer stärker die strukturellen Ungleichgewichte, Brüche und Stagnationen im globalen Kapitalismus. Die seit einigen Jahren praktizierte Nullzinspolitik der US-Zentralbank und vor allem der EZB ist ein — wie wir gegenwärtig erleben — vergeblicher Versuch, die durch Umverteilung hervorgerufene Abschwächung der Binnennachfrage durch billiges Geld an EU-Unternehmer zu kompensieren. Diese Politik bremst zwar geringfügig die Zunahme der Beschäftigungskrise, verschärft jedoch gleichzeitig die ungleiche Einkommensverteilung. Die wirksamere Strategie der Lohnerhöhung als Alternative zur Nullzinspolitik wird jedoch aus ideologischen Erwägungen weiterhin bekämpft.
Im Prozess der durch allgemeine Machtasymmetrie stattfindenden Globalisierung in den letzten Dekaden nehmen die USA eine herausragende Stellung ein. Seit die Neokonservativen zu Beginn des Jahrhunderts die politische Macht übernommen haben, verfolgen die US-Regierungen — mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung unter Barack Obama — unbestritten eine offen militaristische Politik nicht nur gegen alle Staaten, die nicht dem westlichen Lager angehören und eine potenzielle Gefahr für ihre Hegemonie darstellen. Sie zeigt auch gegenüber den eigenen westlichen Verbündeten eine erkennbar aggressive und offensive Haltung, die sich über Protektionismus, Erpressung bis hin zu Sanktionsandrohungen erstreckt und in der durch Trumps „America First“-Politik ihren verbalen Ausdruck findet. Für diese Entwicklung sind zwei sich ergänzende Faktoren verantwortlich:
Erstens sind die traditionellen Wirtschaftssektoren wie Transportmittel-, Maschinenbau- und eine Reihe von Konsumgüterindustrien der USA gegenüber ihren Konkurrenten, EU, Japan und vor allem China, inzwischen nicht zuletzt auch wegen des hohen Dollarwerts nicht mehr wettbewerbsfähig. Außer den hoch produktiven Hightech- und Kommunikationsbranchen dominieren entweder rückwärtsgewandte nuklear-fossile Konzerne oder aber der unproduktive Finanzsektor sowie der militärisch industrielle Komplex die Wirtschaft und die Politik der USA.
Zweitens haben sich die globalen Kräfteverhältnisse nach dem Zusammenbruch der Blockkonfrontation dramatisch verschoben. Russland und vor allem China ist es gelungen, selbstbewusst ihren machtpolitischen Handlungsspielraum zu erweitern. Die USA haben ihre ökonomisch, wissenschaftlich und kulturell unbestrittene Position, Nummer Eins in der Welt zu sein, definitiv verloren. Als Folge sinkender Wettbewerbsfähigkeit ihrer Ökonomie auf dem Weltmarkt ist seit über einem Viertel Jahrhundert ihre Leistungsbilanz chronisch defizitär und ihre Auslandsverschuldung ist mit 17.910 Milliarden US-Dollar in 2016 die höchste der Welt. Jede andere Volkswirtschaft wäre längst zahlungsunfähig geworden.
Die USA sind jedoch aus einem ganz anderen Stoff gemacht. Der herrschenden Elite dieses Landes ist es gelungen, den ökonomischen Bankrott des Landes und den historischen Machtverlust durch zwei gegenwärtig noch unschlagbare Hebel wieder wettzumachen und ihre absolute Vorherrschaft auf absehbare Zeit aufrecht zu halten: Erstens durch die strukturelle Absicherung des Dollars als Weltwährung und zweitens durch den massiven Ausbau ihrer Militärstützpunkte auf dem ganzen Globus.
Der US-Dollar wurde bekanntlich 1944 durch die versammelten Staaten im US-amerikanischen Bretton Woods als Weltwährung festgelegt. Um dem Missbrauch dieses Privilegs durch die USA einen Riegel vorzuschieben, wurde im nach Bretton Woods genannten völkerrechtlich abgesicherten Abkommen der Wert des Dollars an Gold gekoppelt: 35 Dollar je Feinunze Gold. Richard Nixon hat jedoch im Herbst 1973 das Bretton Woods-Abkommen einseitig aufgekündigt. Der Dollar besaß keinen völkerrechtlich gesicherten Wert mehr. Eigentlich hätte dadurch eine massive Währungs- und Wirtschaftskrise entstehen müssen. Doch nichts dergleichen geschah, und es erfolgte auch keine besondere Reaktion der übrigen Vertragspartner auf die einseitige Kündigung durch die USA.
Im gleichen Jahr schlossen die USA mit Saudi-Arabien ein Geheimabkommen, auf dessen Grundlage König Saud zugesichert wurde, seine Herrschaft zu unterstützen. Er wiederum verpflichte sich im Gegenzug, saudisches Öl ausschließlich gegen Dollar zu verkaufen (5). Es hatte sich in der weltwirtschaftlichen Realität längst herausgestellt, dass die steigende Ölnachfrage auch eine steigende Nachfrage nach Dollar nach sich zieht und dass der Ölhandel auf Dollarbasis die Funktion der Golddeckung für die Dollarstabilität erfüllen und die USA von den völkerrechtlichen Schranken des Bretton Woods-Abkommens entlasten würden. Um die Jahreswende 1973/74 haben die arabischen Ölstaaten unter Führung Saudi Arabiens den Ölpreis von 2 auf 10 Dollar pro Barrel, also um das 5-fache, erhöht (6) und damit den Anteil des Ölhandels am globalen Handelsvolumen drastisch gesteigert, ohne dass die USA irgend eine negative Reaktion gezeigt hätten.
Jimmy Carter erklärte 1979 in der sogenannten Carter Doktrin die Stabilität des ölreichen Mittleren Ostens zu den existenziellen Sicherheitsinteressen der USA und verglich die Bedeutung dieser Region für die Vereinigten Staaten mit Westeuropa. Zu der geopolitischen Relevanz der nahöstlichen Ölquellen für die Hegemonialpolitik der USA kam also noch die zentrale Rolle des Ölhandels auf Dollarbasis für ihre Währungshegemonie hinzu.
Mit dem Dollar als Weltwährung besitzen die Vereinigten Staaten nicht nur einen wirksamen Hebel, mit dem sie völkerrechtswidrige Erpressungen durch umfassende Sanktionen, wie gegen Russland, China und insbesondere gegen ihren Hauptfeind Iran im Mittleren Osten durchsetzen konnten. Sie sind vor allem auch in der Lage, sich mehr oder weniger in beliebigem Umfang gegenüber dem Rest der Welt zu verschulden, ohne je ihre Schulden zurückzahlen zu müssen. Denn das US-Finanzministerium finanziert die Rückzahlung von alten Staatsanleihen samt Zinsen nach Ablauf der Rückzahlungsfrist für die Staatsanleihen mit der Ausgabe von neuen Anleihen (7).
De facto sind US-Staatsanleihen — sie summierten sich bis Oktober 2018 auf 6.119 Milliarden US-Dollar — eine der wichtigsten Quellen des Staatsbudgets der Vereinigten Staaten. Diesbezügliche Staatseinnahmen entspringen daraus, dass das Finanzministerium Staatsanleihen herausgibt und sie zwecks internationaler Vermarktung der US-Zentralbank zur Verfügung stellt, die wiederum ihrerseits entsprechende Dollarbeträge an das Finanzministerium überweist. So gesehen schafft die US-Zentralbank neue Liquidität, die die Regierung vor allem für massive Rüstungssteigerungen ausgeben kann.
Mit diesem Finanzinstrument ist somit ein unsichtbares System geschaffen, in dem das Rendite suchende Kapital aus der ganzen Welt in großem Stil in die US-Ökonomie fließt und mit dafür sorgt, dass die USA, trotz ihrer chronisch defizitären Leistungsbilanz, eine ausgeglichene Zahlungsbilanz aufweisen können (8). Die Voraussetzung für das Funktionieren dieses System ist allerdings der Sachverhalt, dass für unbestimmte Zeit auch in der Zukunft der Ölhandel in Dollar abgewickelt wird und die Dollarnachfrage nicht nachlässt, also der Dollarraum für Kapitalinvestitionen weiterhin attraktiv bleibt (9). Andererseits ist die Dollarwertstabilität auf hohem Niveau ein wichtiger Grund für die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft, da die US-Exporte dadurch zusätzlich verteuert werden.
Aus diesem Blickwinkel erscheint die aggressive protektionistische Politik von Donald Trump in einem neuen Licht. Trump will nämlich beides haben: Dollarwertstabilität auf hohem Niveau, das heißt also Kapitalimporte aus der Welt ohne amerikanische Gegenleistung, und gleichzeitig auch den Abbau des US-Leistungsbilanzdefizits.
Der Sturz des mit den USA verbündeten Schah-Regimes im Iran 1979 hatte jedoch dramatisch vor Augen geführt, wie verwundbar die Regime in den Ölstaaten sind und dass die hegemoniale Dominanz der USA vollständig an Gedeih und Verderb der Regimes in den Ölstaaten gekoppelt ist. Die USA können den Völkern der Welt den Dollar als einzige Weltwährung so lange aufoktroyieren, wie es ihnen gelingt, sämtliche Ölstaaten, einschließlich Iran, in letzter Instanz auch durch Bomben, zu ihren Untertanen zu machen und sicherzustellen, dass der Ölhandel weltweit in Dollar abgewickelt wird.
Die Fundamente für die Regime Change-Strategie und die militärische Absicherung des Mittleren Ostens als eigene Einflusssphäre der USA wurden bereits im letzten Jahrhundert errichtet. Die Neokonservativen haben den Ausbau dieser Strategie für die Herstellung der absoluten Vorherrschaft der USA im 21. Jahrhundert jedoch mit aller Brutalität und Konsequenz bis zur Gegenwart durchgezogen. Der Ausbau des gigantischen Militär- und Sicherheitsapparats mit über 800 Militärbasen auf dem Planeten, der allein über 40 Prozent der globalen Rüstungskosten verschlingt und der zwangsläufig immer neue Konflikte und Kriege heraufbeschwört, findet so seine strategische und ökonomische Rechtfertigung.
Den herrschenden Machteliten im militär-industriellen Komplex, im Finanz- und Energiesektor der USA geht es also vor allem darum, alles zu unternehmen, um zu verhindern, dass die absolute Vorherrschaft der USA in naher Zukunft verloren geht.
Auch das Überleben des gigantischen Rüstungssektors, der sich allein aus globalen Konflikten und Kriegen nährt, hängt entscheidend davon ab, dass die USA ihre absolute Vorherrschaft auf weitere Jahrzehnte zementieren. Rückblickend tauschten die USA das völkerrechtlich legitimierte Bretton Woods-System zur Absicherung der Dollarwertstabilität schlicht gegen Gewaltpotenziale, Militärstrategien, Regime Changes sowie gegen Kriege im Irak, Libyen, Syrien und jetzt möglicherweise auch im Iran aus.
Die USA haben in der Nachkriegsordnung ihre eigenen westlichen Verbündeten in dreifacher Hinsicht von sich abhängig gemacht. Erstens durch ihren nuklearen Schutzschirm, der die Grundlage der sicherheitspolitischen Einbindung der EU, Japans, Südkoreas, Kanadas in die NATO ist. Zweitens durch die währungspolitische Abhängigkeit, die die Vereinigten Staaten in die Lage versetzt, gegen die Interessen ihrer Verbündeten, die mit Drittstaaten wie Iran, Russland, China Handel treiben und sogar die eigenen Verbündeten dem Sanktionsregime zu unterziehen (10). Drittens und nicht zuletzt durch die Abhängigkeit von globalen fossilen Energieversorgungsketten.
Gelänge es der Weltgemeinschaft, gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen den fossilen Energieverbrauch gegen Null zu fahren und auf dezentral zu erzeugende erneuerbare Energiequellen umzusteigen, dann wäre die gesamte von den USA erstellte militärische Infrastruktur für die Sicherheit der Energieversorgung westlicher Staaten überflüssig. In einem solchen Falle entfiele auch die Grundlage für den Ölhandel auf Dollarbasis, und damit also für die steigende Nachfrage nach Dollar und für dessen Monopol als Weltwährung.
Dieses hier skizzierte Szenario beschreibt perspektivisch den möglichen Wandel der heute durch die US-Vorherrschaft geführten Weltordnung in eine neue multilaterale Weltordnung. In einer solchen Weltordnung stünde die Menschheit einer ganz anderen USA gegenüber: einer USA mit erheblich geringeren militärischen Machtpotenzialen und einer USA, die ohne ökonomische Vorteile ihres Monopols an der Weltwährung gezwungen sein würde, die eigene Wirtschaft, weg von rückwärtsgewandten, militärischen, fossilen und finanzkapitalistischen Sektoren und hin zu zukunftsfähigeren Wirtschaftssektoren umzustrukturieren. So stünde der Entstehung einer aus 3 Zentren — China, EU und USA — bestehenden multipolaren Welt zu Lasten der absoluten US-Vorherrschaft nichts mehr im Wege.
Eine solche Perspektive mit den USA als einer Weltmacht unter anderen Weltmächten ist für die in einer superimperialistischen Ideologie gefangenen Machteliten freilich eine Horrorvision und daher inakzeptabel. Aus diesem Blickwinkel erscheint der Auszug der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ebenso schlüssig, wie der massive Ausbau der Fracking-Technologie, wodurch die USA zum größten Öl- und Flüssiggasproduzenten der Welt aufgestiegen sind. Dass Donald Trump das Klimaproblem leugnet und mit aller Macht jegliche Klimaschutzpolitik torpediert, hat so gesehen einen hegemonial superimperialistischen Hintergrund.
Die USA haben die deutsche Bundesregierung offensichtlich massiv erpresst, das Nord Stream 2 Projekt, das russische Gasexporte in die EU ausbauen soll, fallen zu lassen und stattdessen in den Import von deutlich teurerem und besonders klimaschädlichem amerikanischen Fracking-Gas zu investieren.
Der Ex-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann berichtete in der Frankfurter Rundschau über den massiven Druck, den Deutschland und die EU durch geplante US-Sanktionen zu erwarten haben (11). Und dass die Bundesregierung sich darauf eingelassen hat, indem sie entschied, an der Nordsee einen Hafen speziell für Flüssiggas-Importe aus den Vereinigten Staaten zu bauen, beweist, wie abhängig eine derart starke Ökonomie wie die deutsche von der superimperialistischen Macht der USA ist.
Mit ihrer Intervention in die Souveränität Deutschlands beabsichtigt die US-Regierung, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: die fossile Basis der eigenen Hegemonie — freilich zu Lasten der klimaschutzpolitischen Erfordernis einer radikalen Energiewende — zu stärken und gleichzeitig die Abhängigkeit der deutsch-europäischen Energieversorgung von russischen Energielieferungen zu verringern. Eine stärkere ökonomische Kooperation Deutschlands und der EU mit Russland birgt aus amerikanischer Sicht ohnehin die große Gefahr in sich, dass die von Russland favorisierte gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur von Lissabon bis Wladiwostok zu Lasten der US-Hegemonie irgendwann zur Realität wird.
Die hier kurz dargestellte Einschätzung der Rolle der Vereinigten Staaten in der Welt ist das Resultat einer umfassenden und langjährigen Forschung zu globalen energiewirtschaftlichen, finanz- und machtpolitischen Interdependenzen in der Geschichte der kapitalistischen Weltwirtschaft (12). Diese Einschätzung weicht allerdings von den bei Teilen der Linken vorherrschenden populären Analysen deutlich ab, die einen strukturellen Widerspruch zwischen dem amerikanischen und dem europäischen Kapitalismus bestreiten.
Unstrittig ist freilich, dass Marktgesetze, Profitmaximierung und die brutale Konkurrenz als die zentral regulierenden ökonomischen Mechanismen und Triebkräfte allen kapitalistischen Staaten zu eigen sind. Diese ökonomischen Gesetzmäßigkeiten können, abhängig von anderen Variablen, jedoch zur Entstehung von gänzlich unterschiedlichen kapitalistischen Modellen führen. Zu diesen Variablen gehören vor allen Dingen: die Größe des Binnenmarktes und die darauf beruhende Interventionsmacht auf dem Weltmarkt, die geopolitischen Funktionen, die territoriale Größe, die militärische Macht, die kolonialistisch geprägten Strukturen und schließlich auch spezifisch kulturelle Traditionen.
Der skandinavische Kapitalismus ist — aufgrund eines Zusammenwirkens von geographischem Standort am Rande Europas, der vergleichsweise kleinen Bevölkerungen und Binnenmärkte — ein Gleichgewichtskapitalismus ohne erkennbare imperialistische Expansion. Der deutsche und japanische Kapitalismus ist zwar durch deren militärische Einhegung nach dem zweiten Weltkrieg nicht militärisch expansionistisch, jedoch wegen der geopolitischen Lage der beiden Länder und der Stärke ihrer Bevölkerungen sowie der Größe ihrer Binnenmärkte ein ökonomisch-imperialistischer Kapitalismus. Beide Staaten sind in der Lage, die inneren ökonomischen Ungleichgewichte als Folge neoliberaler Lohndumpingpolitik imperialistisch zu überwinden, beispielsweise durch Exportüberschüsse beziehungsweise den Export von Arbeitslosigkeit in den Weltmarkt. Der Kapitalismus in Großbritannien und Frankreich ist ähnlich wie der in Deutschland und Japan ein ökonomisch-imperialistischer, durch seine kolonialistische Vorgeschichte allerdings auch ein militär-imperialistischer Kapitalismus.
Ganz anders ist jedoch der US-amerikanische Kapitalismus. Nicht nur wegen des Ressourcen- und Bevölkerungsreichtums sowie seiner gigantischen Territorialfläche hat sich der US-Kapitalismus zu einem aggressiv-militaristischen Imperialismus entwickelt. In ihrer 242-jährigen Geschichte als Nation verbrachten die USA nach Jimmy Carter lediglich 16 Jahre in Frieden. Der US-militär-industrielle Komplex mit seiner partiell unsichtbaren Vernetzung in der Ökonomie, der US-nuklear-fossile und die Welt beherrschende Energiesektor sowie der weltumspannende Finanzsektor mit dem Dollar als Leitwährung und einem mächtigem Machthebel haben den US-Kapitalismus vor allem nach dem zweiten Weltkrieg in einen superimperialistischen Machtkomplex verwandelt, der inzwischen sämtliche anderen kapitalistischen Staaten zu seinen Quasi-Kolonien gemacht hat.
Allein die Tatsache, dass die USA 20 Prozent des weltweiten Inlandsprodukts erwirtschaften, ihre Rüstungsausgaben jedoch circa 40 Prozent der globalen Rüstungsausgaben ausmachen, unterstreicht eindrucksvoll den Sonderstatus des US-Kapitalismus in der Welt. Das Neocon-Projekt des Amerikanischen Jahrhunderts bedeutet nichts weiter als eben diesen Sonderstatus der USA im 21. Jahrhundert zu festigen, koste es, was es wolle.
Die Gleichsetzung des US-Kapitalismus mit den europäischen Kapitalismusmodellen ist ein Irrtum mit Folgen und eher das Resultat einer ideologischen Verblendung der Realität und perspektivisch, hinsichtlich des Aufbaus einer demokratischeren multipolaren Weltordnung, auch kontraproduktiv. Die realistische Analyse der superimperialistischen Strukturen des US-Kapitalismus und der Triebkräfte des globalen Sonderstatus der USA ist jedoch die Voraussetzung für Strategien gegen aktuelle US-Kriege wie den drohenden Iran-Krieg, für die Durchsetzung der globalen Energiewende und eines effektiven Klimaschutzes und nicht zuletzt auch für den Aufbau einer multilateralen Weltordnung. Alle diese Projekte können nicht mit, sondern nur gegen die US-Neocons und die hinter ihnen stehenden Machtzentren verwirklicht werden.
Auf der Basis der obigen Analyse der neoliberalen und US-hegemonialen Globalisierung ergeben sich folgende Orientierungen für emanzipatorische Politik:
Gegen die US-gelenkte Globalisierung scheint meines Erachtens eine konsequente Energiewende und Klimaschutzpolitik eine zentrale Rolle zu spielen. Ein rascher Übergang zu erneuerbaren Energien in Europa und der Welt sollte nicht nur wegen der Verhinderung einer Klimakatastrophe weit oben auf der Agenda einer emanzipatorischen Gegenstrategie stehen. Diese eröffnet per se zwar noch lange keine Postkapitalistische Perspektive. Sie trifft jedoch das Rückgrat des US-Superimperialismus und macht den Weg für eine multilaterale Weltordnung frei, die manche gegenwärtig durch die USA initiierten Kriege und globalen Konflikte beenden würde. In einer solchen Weltordnung entfielen auch die bestehenden sicherheitspolitischen Abhängigkeiten und währungspolitischen Gängelungen.
Wahrscheinlich verbessert der Abbau von Militär- und Vernichtungspotenzialen die Voraussetzungen für eine weltweite Demokratieentwicklung. Diese würden ihre Bedeutung als ökonomischer Faktor und der Neoliberalismus sein Fundament verlieren.
Das deutsche Klimaschutzgesetz und ähnliche Initiativen anderswo sind jedoch weit davon entfernt, eine wirkungsmächtige Energiewende einzuleiten. Die Menschheit kommt für diese existenziell notwendige Perspektive nicht umhin, national und global einen Prozess zur Koordination sukzessiver und planmäßiger Reduktion der Produktion von und des Angebots an allen fossilen Energieträgern zu organisieren, zum Beispiel im Rahmen eines erweiterten Kyoto-Protokolls (13).
Um gleichzeitig die neoliberalen Ausbeutungsstrategien zu bekämpfen, hat die Linke aus meiner Sicht trotz Verankerung von neoliberalen Lenkungshebeln in allen EU-Verträgen keine andere Wahl, als innerhalb der EU mit der ganzen Kraft am Aufbau einer Sozialunion zu arbeiten. Ein Austritt aus der EU wäre trotz aller Hindernisse, die der Neoliberalismus gegen Gerechtigkeit und Demokratie innerhalb der EU erschaffen hat, eine schlechtere, ja sogar gefährliche Alternative. Die jüngsten Erfolge der Sozialisten in Portugal belegen, dass es weiterhin auch innerhalb der EU möglich ist, die Austeritätspolitik erfolgreich zurückzudrängen.
Daher machte meines Erachtens die Labour Party unter Jeremy Corbyn einen großen Fehler, nicht klar und unmissverständlich gegen den Brexit einzutreten und durch den Verbleib Großbritanniens in der EU zusammen mit anderen sozialistischen Kräften den Neoliberalismus in der EU personell und institutionell einzudämmen. Die Voraussetzungen für eine sozialpolitische Wende sind in der EU nicht schlechter, sondern angesichts des Versagens der Austeritätspolitik und der steigenden Gefahr des Nationalismus besser geworden.
Darüber hinaus müsste die Linke auf ihre sozialpolitische Agenda eine radikale Arbeitszeitverkürzung auf eine 30-Stundenwoche setzen. Denn diese ist ein Schlüsselprojekt zur Veränderung der Kräfteverhältnisse zugunsten der abhängig Beschäftigten und zur Eindämmung des spekulativen Finanzsektors. Angesichts der Welle von Massenentlassungen als Folge der fortschreitenden Digitalisierung ist die radikale Arbeitszeitverkürzung der wichtigste Hebel, der folgenreichen Zunahme von Massenarbeitslosigkeit Einhalt zu gebieten. Es bietet sich in diesem Zusammenhang an, die Forderung „Recht auf Arbeit in die nationalen Verfassungen“ — als das neoliberale Gegenprojekt zur Verankerung der Schuldenbremse in den Verfassungen — in die sozialpolitische Debatte einzubringen.
Auch in Deutschland müsste die Linke neben dem Klimaschutz auch die radikale Wende zu einer menschlichen Sozialpolitik auf ihre Agenda setzen. Der Kampf für die Rücknahme der Hartz-IV-Regeln und für die Wiedereinführung des Flächentarifvertrages ist dabei meines Erachtens obligatorisch.
Entscheidend sind auch die Anhebung des Mindestlohns, steigende Löhne im Allgemeinen sowie im Pflege- und Erziehungsbereich im Besonderen. Dazu gehört auch das Ziel, mindestens 100.000 Pflegekräfte durch Umschulung des im Inland verfügbaren Personals einzustellen. Ökonomisch müssten sich die Linken unnachgiebig für die Anhebung des Spitzensteuersatzes und die Einführung von Vermögenssteuern einsetzen. Ferner ist die Forderung nach Investitionen im öffentlichen Sektor, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Verkehr, für eine linke Politik unverzichtbar.
Des Weiteren müsste der Kampf für die Abschöpfung der Bodenpreissteigerungen durch Bodenpreissteuern und die Unterstützung aller zivilgesellschaftlichen Initiativen zur Enteignung der Wohnungskonzerne auf der Agenda der Linken stehen. Energiepolitisch müssten sich die Linken von der neoliberal-grünen Illusion, man könne die Reduzierung der Klimaschadstoffe mit Marktinstrumenten wie den Emissionshandel erreichen, radikal absetzen und stattdessen, wie oben dargestellt, für die politische Regulierung des Klimaschutzes durch Reduktion des Angebots fossiler Energieträger in Deutschland und darüber hinaus eintreten.
Im Zusammenhang mit dem globalen Süden gehört zu einer linken Strategie das Ziel, sämtliche Subventionen in Deutschland, in der EU und darüber hinaus zu streichen, die dazu beitragen, wettbewerbsfähige Sektoren im globalen Süden in den Ruin zu treiben. Ebenso gehört dazu die Bekämpfung der neoliberalen IWF-Strategie, den globalen Süden durch seine Strukturanpassungsprogramme dauerhaft zu Lieferanten billiger Rohstoffe und Arbeitskräfte zu machen.
Stattdessen müssten die Linken entschieden dafür eintreten, dass alle Staaten des globalen Südens, wie bereits Südkorea, die „Tigerstaaten“ und vor allem China, die flächendeckende Industrialisierung, die Importsubstitutionsindustrialisierung nachholen.
Eine solche Entwicklungsstrategie ist gleichzeitig auch die wirkungsvollste Strategie zur Fluchtursachenbekämpfung. Die Schaffung eines globalen Fonds zur Finanzierung der Transformation der fossilen in regenerative Energiesysteme und zum Ausbau der Digitalisierung von besonders armen Staaten des globalen Südens, ist aus meiner Sicht ein weiteres wichtiges Projekt der Linken für eine sozial abgestützte globale Transformation.
Mein aktueller und noch gründlicherer Text: „Das Ende der Kompromisse. Wirkliche Klima- und Umweltpolitik muss radikale Prioritäten setzen und hat mit Kohlendioxidsteuer nichts zu tun“, in Rubikon vom 07. Dezember 2019
Quellen und Anmerkungen:
(1) Ausführlicher zum Systemwechsel vom Keynesianischen zum Neoliberalen Kapitalismus siehe mein aktuelles Buch „Braucht die Welt den Finanzsektor?“, das Ende 2017 im Hamburger Verlag VSA erschienen ist. Sämtliche hier sehr gedrängt über den Finanzmarktkapitalismus zusammengetragenen Sachverhalte sind in diesem Buch sehr detailliert empirisch belegt und im jeweils historischen Kontext soweit wie möglich ganzheitlich dargelegt. Eine Rezension dieses Buches liegt durch Heinz Josef Bontrup vor, die im Oktober 2019 in den WSI-Mitteilungen erschienen ist.
(2) Werner Rügemer kommt der Verdienst zu, in seinem Buch „Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts“, Köln 2018, diese Entwicklung systematisch untersucht und einen umfassenden Überblick über den Stellenwert dieser Finanzkonzerne geliefert zu haben. Rügemers Analyse ergänzt meines Erachtens komplementär meine eigene in der Fußnote 1 dokumentierte Analyse der historischen Entwicklung des Finanzmarktkapitalismus. In seinem Buch analysiert Rügemer allerdings nicht die Ursachen der Entstehung des Finanzmarktkapitalismus.
(3) Die Kräfteverhältnisse oder der Faktor Macht als eine eigenständige politökonomische Kategorie nimmt in meiner Analyse im Kapitel 2 des oben genannten Buches einen gewichtigen Platz ein. In den Analysen der klassischen Imperialismustheorien und den dogmatisch marxistischen Texte erscheint Macht nicht als ein eigenständiger, sondern implizit als ein im Kapitalverhältnis selbst angelegter Faktor, den man daher auch nicht gesondert in die Analyse einbeziehen muss.
(4) Vgl. dazu Mohssen Massarrat, 2018: Feindliche Übernahme. Mit der „Schuldenbremse“ erhalten Sozialabbau und Privatisierung Verfassungsrang, in: Rubikon vom 13. Juni 2018.
(5) Vgl. dazu John Perkins: Bekenntnisse eines Economic Hit Man. Unterwegs im Dienste der Wirtschaftsmafia, München, 2005. In der Einleitung der deutschen Ausgabe seines Werkes (Finanzimperialismus. Strategie des globalen Kapitalismus, 2016, Stuttgart) erwähnt Michael Hudson, der weltbekannte US-Kritiker des Finanzimperialismus, zwar, dass „die Aufmerksamkeit (nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens, M.M.) sich rasch auf die erdölexportierenden Länder verlagert“ hätte und dass US-Diplomaten den „Regierungen Saudi Arabiens und anderen Ländern der Region zu verstehen gegeben hätten, diese könnten „für ihr Öl so viel verlangen wie sie wollten“, dass aber die Vereinigten Staaten es „als kriegerischen Akt deuten würden“, wenn sie „ihre Einnahmen aus dem Ölexport nicht in Vermögenswerten anlegen [würden], die in US-Dollar denominiert wären.“ (Ebenda, S. 11 f.) Hudson misst diesem fundamentalen Sachverhalt in seiner Analyse jedoch so gut wie keine Bedeutung bei und erklärt die Tatsache, dass die USA aus dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens gestärkt hervorgegangen sind, durch mehr oder weniger spekulative Konstruktionen. (Ebenda. S. 12 f.)
(6) In der Literatur wird für diese historische Wende der Ölpreisentwicklung der arabisch-israelische Sechs-Tagekrieg Ende 1973 und infolgedessen der westliche Öllieferboykott der arabischen Ölstaaten wegen Unterstützung Israels angeführt. Tatsächlich verbarg sich hinter dem Ereignis jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach das Geheimabkommen der USA mit Saudi Arabien.
(7) Vgl. dazu David Graeber: Schulden. Die ersten 5000 Jahre, 2011, Stuttgart, S. 382ff. Praktisch beruht „die imperiale Macht der Vereinigten Staaten auf Schulden, die […] nie zurückgezahlt werden“, S. 385.
(8) Zu diesem Kapitaltransfer aus der Weltwirtschaft ohne Gegenleistung kommen allerdings auch beträchtliche Kapitalflüsse der im Ausland tätigen IT- und Dienstleistungskonzerne wie Apple, Google, Facebook, Amazon etc. hinzu, die zur ausgleichenden Zahlungsbilanz beitragen.
(9) Vgl. zu diesem gesamten Komplex ausführlicher Mohssen Massarrat: Chaos und Hegemonie. Wie der Dollar-Imperialismus die Welt dominiert, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2014, Heft 5.
(10) Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats hat beispielsweise anlässlich von Nord Stream 2 einen Gesetzentwurf zur Verhängung von Sanktionen gegen Deutschland beschlossen, der demnächst dem Senat und dem Kongress vorgelegt werden soll.
(11) Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 22. September 2019.
(12) Vgl. dazu einige ausgewählte Publikationen, die meine seit den 1970er Jahren begonnenen empirisch wie analytisch durchgeführten Forschungen zum Themenkomplex dokumentieren: 1974: Energiekrise oder Krise des Kapitalismus, in: Probleme des Klassenkampfes, Nr. 11/12; 1976: Hauptentwicklungsstadien der kapitalistischen Weltwirtschaft, Lollar; 1980: Weltenergieproduktion und Neuordnung der Weltwirtschaft, Frankfurt a. Main; 1993: Endlichkeit der Natur und Überfluss in der Marktökonomie, Marburg; 2000: Das Dilemma der ökologischen Steuerreform, Marburg; 2003: Amerikas Weltordnung. Hegemonie und Kriege um Öl, Hamburg; 2006: Kapitalismus-Machtungleichheit-Nachhaltigkeit. Perspektiven Revolutionärer Reformen, Hamburg; 2006: Ölpreis und Demokratie, in : Spektrum der Wissenschaft, November 2006; 2014: Chaos und Hegemonie. Wie der Dollarimperialismus die Welt regiert, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 5; 2019: Das Dollar-Imperium, in: Rubikon vom 19. Juni 2019.
(13) Ausführlicher dazu Mohssen Massarrat: Das Klima kann nur durch ein globales und radikales Handeln vor einer Klimakatastrophe geschützt werden, in: FR-Online vom 6. Juli 2019