Analyse des Misserfolgs:
1. Stimme von Linken:
Betreff: | Frieden-Links: Das Debakel war vorauszusehen.docx |
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Datum: | Wed, 6 Oct 2021 10:10:00 +0200 |
Von: | Willi van Ooyen <willi.van_ooyen@t-online.de> |
An: | Willi van Ooyen <willi.van_ooyen@t-online.de> |
Erklärung von Frieden-Links:
Das Debakel war vorauszusehen – was lernen wir daraus?
Im Wahlkampf gerierte sich die LINKE als ob die nur von ihr angestrebte „rot-rot-grüne“ Koalition bereits bestünde und als ob die LINKE nicht nur Garantin einer echt linken Koalition wäre, die SPD ein wenig sozialer, die Grünen konsequent ökologisch machen könne. Rund eine Million ihrer Wählerinnen und Wähler gaben dann aber ihre Stimme zu ziemlich gleichen Teilen lieber den beiden Originalen. Statt des Mitregierens auf kaum wärmendem Flämmchen mit vielleicht einem Staatssekretärsposten hat sich die Stimmenzahl der linken Opposition halbiert.
Der kluge Gedanke Veränderung beginnt mit Opposition stammt von der Vorgängerpartei der LINKEN, der PDS. Als Oppositionskraft hatte die LINKE einen Gebrauchswert, sie hat Alternativen wachgehalten, und wurde deshalb von vielen gewählt. Als Regierungspartei im Wartestand, bereit, Grundsatzpositionen, vor allem in der NATO-Frage, aufzugeben, hat sie sich selbst überflüssig gemacht. Wenn DIE LINKE sich erholen, d.h. zu sich selbst zurückfinden will, muss sie sich nicht, wie es neudeutsch heißt, neu erfinden, sondern zu ihrem Programm, zu Opposition und Widerspruch zurückfinden. Ob sie dazu die Kraft findet, ist offen.
Obwohl: Die Themen der Linken liegen auf der Straße bzw. sind längst in ihrem noch immer gültigen Parteiprogramm festgeschrieben.
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Die Friedensfrage (und die NATO-Mitgliedschaft) waren schon Jahre lang der LINKEN als das entscheidende Hemmnis für eine Regierungsbeteiligung vorgehalten worden. Ein Festhalten an dieser Position war das Markenzeichen der Partei. Das konsequente Beharren auf dieser Position schlug die Brücke zum sozialpolitischen Schwerpunkt der Partei: Statt 2% des Bruttosozialprodukts für Aufrüstung und gigantische neue Rüstungsprojekte zur Verfügung zu stellen – was alle Parteien, die jetzt über eine mögliche Koalition verhandeln, als selbstverständlich akzeptieren – wäre dies ein zentraler Interventionspunkt für die LINKE gewesen.
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Denn hier liegen die Mittel für eine gerechtere Gesellschaft und für einen wirtschaftlichen Umbau, der die Produktion gesellschaftlich nützlicher Güter ermöglicht. Hier liegt auch der Schlüssel zu einer sozial-ökologischen Konversion. Damit würde die auch ohne direkte Kriegsführung bereits gigantische Ressourcenverschwendung und Treibhausgasbelastung durch die weltweite imperiale Militärpräsenz auf Militärbasen, dem Wasser und in der Luft beendet.
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Auslandseinsätze werden weiterhin das Markenzeichen der Bundeswehr bleiben. Nicht umsonst wurde sie umbenannt von „Verteidigungsarmee“ zu „Armee im Einsatz“. Dies artikuliert klar und deutlich den Willen zur (imperialistischen) Intervention. Sie erfolgt teils durch Berufung auf Mandate der UN, teils unter Berufung auf Mandate der EU, der die Mandatierung solcher Interventionen völkerrechtlich nicht zusteht. Die Berufung auf UN-Mandate erfolgt dann im Rahmen sogenannter Blauhelmmissionen, deren Aufgabenstellung längst einem Wandel hin zum Interventionismus der großen westlichen Mächte verkommen ist: So waren die frühen Blauhelmeinsätze dadurch gekennzeichnet, dass nur kleine und neutrale Staaten Blauhelmtruppen stellen sollten, um so Großmachtinteressen fernzuhalten, und dass diese Truppen nur zur Selbstverteidigung Waffen tragen sollten.
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Nur die konsequente Kritik am herrschenden Kapitalismus und der Umbau der Gesellschaft in Richtung auf eine an den Interessen der Menschen orientierte Wirtschaft (Wohnen, Gesundheit, Umwelt) unter Verzicht der im besten Falle unproduktiven enormen Rüstungsgüter machen solche dringend erforderlichen Reformen in Richtung auf eine humane und sozialistische Gesellschaft möglich. Sie sind Voraussetzung für ein gutes Leben.
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Als Sahnehäubchen für die friedenspolitische Argumentation kam in den letzten Wahlkampftagen noch die Flucht der NATO-Vormacht aus Afghanistan hinzu, die die Richtigkeit der zwanzigjährigen Analysen und Forderungen der LINKEN an diesem Kriegseinsatz, wie an den anderen Auslandseinsätzen bestätigte. Diese Steilvorlage der Zeitgeschichte wurde nicht argumentativ aufgenommen. Die Partei war in keiner der großen Streitfragen ob Corona-Pandemie, Klimawandel oder Konfrontation gegen Russland und China als Opposition hör- und sichtbar.