Austritt-Norman-Paech-aus-der-Partei-DIE-LINKE

Norman Paech 

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Austritt-Norman-Paech-aus-der-Partei-DIE-LINKE

Norman Paech Neubertstr. 24 22087 Hamburg

An den Bundesvorstand der Partei DIE LINKE
Hamburg, d. 27. Juni 2024

Liebe Genossinnen und Genossen,
hiermit teile ich euch mit, dass ich aus der Partei austrete.
Dieser Schritt fällt mir sehr schwer, ich habe ihn immer wieder hinausgeschoben. Denn ich begleite die Partei weit über ihre Gründung zurück bis in das Jahr 1993. Damals versuchten SPD und CDU mit einer Änderung des Wahlgesetzes zum Bundestag den Einzug der PDS in den Bundestag zu verhindern. Die PDS konnte in ihrer Klage dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht ein Gutachten vorlegen, welches seinerzeit mein leider verstorbener Kollege Gerhard Stuby und ich für die PDS erstellt hatten. Das Bundesverfassungsgericht folgte der Argumentation und hob das Wahlgesetz auf, sodass die PDS als einzige Partei aus der untergegangenen DDR in den Bundestag einzog. Später, 2005,
habe ich für das Bündnis aus PDS und WASG in Hamburg für den Bundestag kandidiert und bis 2009 zunächst als parteiloser Abgeordneter als außenpolitischer Sprecher in der Linksfraktion gearbeitet. 2007 bin ich mit der Gründung der Partei DIE LINKE ihr Mitglied geworden.
Einen solchen Weg mit der Erfahrung oft harter Kämpfe um Frieden und internationale Solidarität verlässt man nicht leichten Herzens. Aber schon seit langem ist die Partei in den seichten Gewässern der Anpassung verschwunden und ist als Friedenspartei – ihr besonderes Merkmal gegenüber allen anderen Parteien – nicht mehr kenntlich. Als im Februar 2023 Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht in Berlin zu einer großen Friedensdemonstration gegen die Unterstützung des Krieges in der Ukraine und weitere Waffenlieferungen aufriefen und hunderttausende das „Manifest für den Frieden“ unterschrieben, distanzierte sich die Parteiführung mit dem Vorwurf mangelnder Abgrenzung gegen rechts. Anstatt gemeinsam für die Demonstration bei allen linken und Friedenskräften zu mobilisieren und damit die Friedensbewegung zu stärken und gegen Einmischung von rechts zu sichern, hat sie zur Spaltung beigetragen und die Bildung einer
mächtigen und politisch druckvollen Bewegung verhindert.
Aus dieser falschen Orientierung ihrer Abgrenzung ist sie bis heute nicht herausgekommen. Das hat schließlich zur Abspaltung der Linken in der Fraktion und zur eigenen Marginalisierung geführt. Die Führung von Partei und Fraktion hat nicht begriffen, dass vor allem in Zeiten von Kriegen, in die die Staaten der NATO nicht nur verstrickt sind, sondern sie aktiv betreiben und unterstützen mit Deutschland an vorderster Front, der Kampf für den Frieden an oberster Stelle der Politik einer Partei stehen muss. In keinem der beiden großen Kriege, 2
weder im Ukraine-Krieg, der im Grunde ein Krieg der USA und der NATO gegen Russland ist, noch im Krieg Israels gegen die Hamas, der zu einem Krieg gegen die schutzlose Zivilbevölkerung in Gaza entartet ist, ist die Führung der Partei mit Analysen und Vorschlägen für einen Frieden aufgefallen.
Erst jetzt, mehr als acht Monate nach dem Überfall der Hamas auf Israel nach über 40 000 Toten und unsäglichem Leiden im Gazastreifen beschließt der Parteivorstand eine Erklärung, in der faktisch nichts anderes steht, als was international und von der Bundesregierung schon seit dem Urteil des Internationalen Gerichtshof allgemein gefordert wird. Er ist offensichtlich nicht in der Lage, darüber hinaus Überlegungen zu entwickeln, wie diese Forderungen gegen den Widerstand Israels für einen sofortigen Stopp der Waffengewalt
durchgesetzt werden können. Stattdessen beschließt er, eine Arbeitsgruppe Nahost
einzuberufen, die ihm einen Überblick über den komplizierten Nahostkonflikt und die neuen Herausforderungen geben soll. Er hat es bitter nötig, denn er hat die Arbeit des seit 2011 in der Partei existierenden Bundesarbeitskreis Nahost nie zur Kenntnis nehmen wollen und eine Diskussion über dessen Erklärungen, Beschlüsse und Forderungen immer abgewehrt. Er beklagt zwar selbst eine „polarisierte Diskussionen in einigen Landes- und Kreisverbänden“,
war aber offensichtlich überfordert, sich klärend in die Diskussionen einzuschalten.
Schließlich erwartet er einen „abschließenden Bericht bis zum übernächsten
Bundesparteitag“. Dann wird es die Bundestagsfraktion höchstwahrscheinlich  nicht mehr geben, der Krieg hoffentlich schon lange beendet und die Partei aus der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden sein.
Dieser Weg ins Abseits ist selbstverschuldet. So erfolgreich die Arbeit in etlichen Landes- und Kreisverbänden auch sein mag, die Spitzen der Partei haben versagt, sie aufzunehmen und zu einer klaren politischen Kraft der Opposition zu formen. Ob aus innerfraktionellen Streitigkeiten oder intellektueller Schwäche, der eingeschlagene Kurs der Defensive und Anpassung musste zu dem Austritt einer Gruppe von Abgeordneten aus der Fraktion und zur Bedeutungslosigkeit der Partei führen. Es gab zahlreiche Aufrufe zu einem Wechsel und neuem Aufbruch in der Politik. Sie wurden nicht gehört, und ich sehe keine Ansätze in der
Partei, dass sich dieses demnächst ändern wird.
Mit großem Bedauern,
Norman Paech

Über admin

Hausarzt, i.R., seit 1976 im der Umweltorganisation BUND, schon lange in der Umweltwerkstatt, seit 1983 in der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW (www.ippnw.de und ippnw.org), seit 1995 im Friedenszentrum, seit 2000 in der Dachorganisation Friedensbündnis Braunschweig, und ich bin seit etwa 15 Jahren in der Linkspartei// Family doctor, retired, since 1976 in the environmental organization BUND, for a long time in the environmental workshop, since 1983 in the medical peace organization IPPNW (www.ippnw.de and ippnw.org), since 1995 in the peace center, since 2000 in the umbrella organization Friedensbündnis Braunschweig, and I am since about 15 years in the Left Party//
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